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Als Haar nehmen wir in der Regel nur den äußeren Haarschaft wahr. Dabei handelt es sich jedoch nur um einen Teil des Haares, die menschlichen Haaranlagen reichen weit in die tieferen Hautschichten hinein. Die Entstehung eines Haares ist ein komplexer zellulärer und biochemischer Vorgang - beim Menschen erstreckt er sich über mehrere Jahre. Auf die Beschaffenheit des Haares, der Haaranlagen und der Kopfhaut wirken sich zahlreiche organische Prozesse, aber auch Stress, Umwelteinflüsse, hormonelle Faktoren und das Lebensalter aus.
Auf einem menschlichen Kopf befinden sich durchschnittlich 100.000 Haare, pro Quadratzentimeter Kopfhaut sind es rund 200 Haare. Bei blonden Menschen mit feinem Haar kann ihre Anzahl deutlich über, bei Brünetten und Rothaarigen unter diesen Durchschnittswerten liegen. Haare sind zugfest, elastisch und zwischen 0,02 und 0,12 Millimeter dick.
Pro Tag wachsen sie etwa 0,3 Millimeter, in einem Monat also etwa einen Zentimeter. Ihre maximale Wachstumslänge beträgt aus genetischen Gründen etwa einen Meter. Die unterschiedlichen Haarfarben entstehen durch ein bestimmtes Mischungsverhältnis des Pigmentes Melanin. Mit zunehmendem Lebensalter geht die Produktion von Melanin zurück, das Haar ergraut oder wird völlig weiß.
Jedes Haar hat einen individuellen Wachstumszyklus - hier liegt der Grund dafür, dass gesundes Kopfhaar dicht und gleichmäßig erscheint. An jedem Tag fallen etwa 60 bis 100 Haare aus und werden jeweils durch ein neues Haar ersetzt.
Der äußerlich sichtbare Teil des Haares ist nur ein Teil der Haaranlage, es handelt sich dabei um den sogenannten Haarschaft (Scapus). Dieser reicht jedoch tief in die Haut hinein. Die menschliche Haut besteht aus drei Schichten:
Die Haarwurzeln liegen in den unteren Bereichen der Lederhaut.
Auf dem Boden der Haarwurzel befindet sich die Haarpapille. Sie besteht aus Bindegewebe und wird von zahlreichen Kapillargefäßen durchzogen - die feinen Adern stellen die Versorgung der Haaranlagen mit Blut und damit auch mit Nährstoffen sicher. In ihrem Zentrum liegt der Bildungsbereich des Haares (Matrix), der während der Wachstumsphase eines Haares permanent neue Keratinozyten (Hornzellen) produziert. Die Keratinozyten des Haares entwickeln sich aus epidermalen Stammzellen, die sich im Bereich der äußeren Haarwurzelscheide befinden.
Außerdem befinden sich in der Matrix zahlreiche Melanozyten. Dieser Zelltyp ist zur Melanin-Synthese in der Lage, speichert das Pigment in membranumhüllten Melanosomen und gibt die gereiften Melanosome an einzelne Keratinozyten ab. Die Hornzellen bilden den Haarschaft, sie schieben sich durch den Haarfollikel zur Hautoberfläche und werden dort schließlich als Haare sichtbar.
Der Haarfollikel oder Haarbalg ist eine längliche Einstülpung, die von der Oberhaupt in die Lederhaut hineinreicht. An ihrem unteren Ende wird durch die Haarwurzel/die Matrix das Haar gebildet. In den Haarfollikel münden Blutgefäße sowie eine Talgdrüse. Nach außen wird er in seiner gesamten Länge durch eine innere und äußere Haarwurzelscheide umgeben.
Die innere Schicht der Haarwurzelscheide weist Hornschüppchen auf, die gegen die Haarwurzel gerichtet sind und so das Haar im Follikel halten. Sie umgibt sowohl die Haarwurzeln als auch den Haarschaft, ihren Ursprung hat sie in Matrixzellen am äußeren Rand der Haarpapille. Von außen nach innen unterteilt sie sich in drei weitere Schichten.
Die aus Bindegewebe bestehende äußere Schicht der Haarwurzelscheide verankert den Haarfollikel in der Lederhaut. An ihr setzt außerdem ein glatter Muskel - der sogenannte Haaraufrichtungsmuskel (Musculus arrector pili, Haarbalgmuskel) - an, der bei Kältereizen oder psychischer Erregung das Aufrichten der Haare auslöst. Da auch der menschliche Körper größtenteils von feinem Haar bedeckt ist, entsteht dabei die bekannte "Gänsehaut". Außerdem befinden sich an den Haarbälgen Nervenfasern, die als Haarfollikelrezeptoren Tastfunktionen übernehmen.
Auch der Haarschaft verfügt über einen komplexen mehrschichtigen Aufbau:
Der Wachstumszyklus des menschlichen Haares umfasst zwei bis sechs Jahre. Seine Dauer hängt von individuellen Faktoren und genetischen Dispositionen ab, bei Frauen sind die Zyklen häufig länger als bei Männern. Während dieser Zeit durchläuft ein Haar drei unterschiedliche Phasen:
Ein menschliches Haar besteht hauptsächlich aus Keratin (Hornsubstanz, verschiedene nicht wasserlösliche Faserproteine) sowie Farbpigmenten. Sein Wasseranteil beträgt rund zehn Prozent, bei hoher Luftfeuchtigkeit kann er jedoch bis auf ein knappes Drittel steigen.
Vor allem die äußere Schicht des Haarschafts enthält weitere Substanzen wie Lipide (Fette, Fettsäuren, Ceramide) sowie verschiedene Steroide. Die DNA der epidermalen Stammzellen als Grundlage der Haarentwicklung bleibt auch im fertig ausgebildeten Haar erhalten.
Die einzelnen Bestandteile des menschlichen Haares wirken auf molekularer und zellulärer Ebene in komplexer Form zusammen. Viele dieser Komponenten finden in synthetischer Form zu kosmetischen Zwecken oder zur Behandlung von Haarerkrankungen Verwendung. Jedoch wirken sich auf das Haar auch viele Vorgänge im Körperinneren aus - Ernährungsfehler, Krankheiten oder der individuelle Hormonstatus werden oft auch an den Haaren sichtbar. Zum Teil lassen sich die Folgen solcher Schäden auch durch oral verabreichte, systemisch wirksame Medikamente therapieren.
Beispielsweise dienen künstliche Steroide wie Finasterid (Handelsname unter anderem: Propecia) zur Behandlung eines genetisch und hormonell bedingten Haarausfalls (Androgenetische Alopezie) bei Männern. Finasterid gehört aufgrund diverser Studienergebnisse inzwischen zu den sogenannten Leitlinien-Medikamenten für diese Haarkrankheit.
Es darf nur bei Männern angewendet werden und ist auch für die Behandlung gutartiger Prostataveränderungen zugelassen. Minoxidil - ein anderes systemisch wirkendes Medikament - eignet sich auch für Frauen, die an dieser Form des Haarausfalls leiden, seine Wirksamkeit wurde durch zahlreiche Studien bestätigt. Auch Minoxidil wird in den Leitlinien als Therapieoption empfohlen.